Samstag, 28. April 2018

Warum das bedingungslose Grundeinkommen das Gegenteil echter sozialdemokratischer Politik ist

Und wieder mal kritisiert der Landtagskandidat Grill Teile der Bundespartei. Warum? Weil ich es muss. Auch die unterlegene Vorsitzendenkandidatin Simone Lange befindet sich weiterhin auf diesem Holzweg des Bedingungslosen Grundeinkommens. 

Doch, liebe Parteizeitung Vorwärts! Das Grundeinkommen im Versuch in Finnland ist gescheitert! Erst wenn diese unsere SPD in welcher Regierungskonstellation auch immer ein Rentenniveau schafft, das Altersarmut in fast allen Ansätzen vermeidet, bin ich auch nur bereit, darüber zu diskutieren. Und dann sprechen wir von 65 oder 70 Prozent Rentenniveau vom Einkommen. Übrigens ein Durchschnittswert in allen EU-Ländern im Jahr 2018...

Aber eigentlich ... nein! Ich will das bedingungslose Grundeinkommen gar nicht diskutieren! Macht lieber endlich eine echte Grundrente, die Menschen mit unterbrochenen Lebensläufen im Alter den Gang zum Sozialamt komplett erspart und ihnen nicht nur das Häuserl nach viel Schreibkram und Paragraphenstriptease, sondern auch endlich ihre Würde belässt.

Zurück zum Thema:
Eine Chimäre Grundeinkommen entbindet Unternehmen und den Staat im Ergebnis vermeintlich von einer austarierten Sozialpolitik, die nach Bedürfnissen Unterschiedliches unterschiedlich behandeln muss. Das ist das Fatale und Gefährliche an dieser Debatte. Oder gibts dann noch Bafög, Wohngeld und Beihilfen in Ballungsräumen mit hohen Mietpreisen? "Sie haben doch ihr Grundeinkommen!? Schauens, dass damit klar kommen!", heißt es dann vermutlich.

Hartz4 muss dringend in sehr weiten Teilen reformiert werden. Muss um 200 Prozent sozialer werden. Auch moderner werden. Das ist unbestritten. Ein Grundeinkommen ist aber leider nicht besser als das alte Hartz4. Auch wenn es Einzelne geben würde, die dann ggf. kurzfristig ein paar Euro mehr haben. So wie nach fast jeder Reform. Es schafft und zementiert dafür eine Zweiklassengesellschaft: Gut verdienende Arbeitnehmer, die weiter gebraucht werden auf der einen und abgefütterte, sich trotzdem oder gerade deshalb nutzlos fühlende Restmenschen auf der anderen Seite.

Menschen, die nicht mehr mithalten können. Oder auch einfach Menschen, deren Fähigkeiten vermeintlich im Moment nicht mehr gebraucht werden. Damit ist es nur die Fortentwicklung von Hartz4 ins 21. Jahrhundert. Oder warum haben wohl einige der Jüngeren in der Unternehmerlobby von Neue Soziale Marktwirtschaft und in ähnlichen Unions- und FDP-nahen neoliberale Thinktanks diese Form der Bevölkerungsversorgung als neue Idee entdeckt und befürworten diese? Weil sie auf einmal ihr Gewissen entdeckt haben?

Wir müssen Lösungen finden, die bei Digitalisierung und damit verbundener 3. 4. 5. oder 6. industrieller Revolution (je nach theoretischem Standardwerk), die ansteht, alle wirklich mitnimmt. Auch die, die jetzt mit durchschnittlicher oder unterdurchschnittlicher Arbeitsleistung "nur einfache Jobs" machen können, haben mehr denn je ebenfalls ein Recht auf ein selbstbestimmtes und vor allem erfülltes Leben. Da zukunftsweisende Lösungen zu finden, die die Teilhabe aller auch an Beschäftigung, an Kultur, an Gesellschaft in jeder Form ermöglichen. DAS wäre wirklich sozialdemokratisch! Eine Barrierefreiheit der gesamten Gesellschaft. Eine solidarische Gesellschaft. Eine sozial intelligentere Gesellschaft.

Die Grundeinkommensdiskussion ist eine bequeme Lösung. Auch für politische Hobbylinke, die sich mangels eigenen Wirtschaftstheoriekenntnissen die politische Welt einfach zu recht stricken. Ich mache da niemandem einen Vorwurf. Die Lösung schaut so einfach aus. So naheliegend. Aber so einfach ist diese Welt halt nicht. Zumindest nicht, wenn man als Sozialdemokratie noch den geringsten Anspruch hat, wieder einmal echte Visionen für unser Land und eine Gesellschaft der Zukunft zu entwickeln. Eine Gesellschaft der echten Teilhabe aller.

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Freitag, 6. April 2018

Wochenkommentar als kleine Wähler/innenschelte - Philosophie zum Freitag

Als politisch Aktiver und derzeit Kandidat für ein Landtagsmandat würde ich mir manchmal ein wenig mehr Realismus wünschen. Mehr Kopf und weniger Bauch bei Entscheidungen. Mehr Sapiens als Saumagen wagen!
Was nämlich von den ganzen Gscheidhaferln, die "die Politik" kritisieren, meist vergessen wird. Was auch von all jenen vergessen wird, die mal schnell mit "Mitgliedschaft to go" in eine Partei ein und dann wieder aus einer Partei austreten, weil ihnen die letzte Entscheidung (für oder gegen eine GroKo und für oder gegen jemandes Parteivorsitz) nicht in den Krams passt:

In den Parlamenten sitzt einfach ein Querschnitt der Bevölkerung. Gute und Schlechte, Schlaue und Dumme. Egoisten, Altruisten und Selbstausbeuter. Vielleicht einige davon ein wenig intelligenter als der Durchschnitt. Das ist aber auch schon alles. Wir können uns keine Lichtgestalten basteln oder herzaubern. Die gibt es schlicht nicht. Wir müssen die nehmen, die wir haben. Die bereits sind, sich den ganzen Zirkus anzutun.

Und wir alle müssen uns die im Angebot stehenden dann in Ruhe - und genau - ansehen. Das ist die verdammte Bringschuld als mündige/r Bürger/in in jeder Demokratie: Dummschwätzer und geschniegelte Fernsehpredigt - Worthülsendreher von ehrlichen, vielleicht manchmal farbloseren, aber immer besseren Sachwaltern der Demokratie unterscheiden lernen. Zweimal hinsehen, vor man dann sein Kreuz macht. Das ist doch eigentlich nicht zu viel verlangt, wenigstens das für das Gemeinwesen einzubringen? Oder erwarte ich da wirklich zuviel?

Mein Rat an alle, die von anderen 120 Prozent fordern, aber selbst in der "man müsste-mal - Endlosschleife" abtauchen, wenn es ungemütlich wird. Damit meine ich nicht nur reine Wähler/innen da draußen, schon auch manche Parteifunktionär/innen:

Nicht immer alles gleich sofort glauben, was über einzelne Personen und deren Entscheidungen geschrieben wird. Auch Journalisten sind nur Staatsbürger mit eigenen Meinungen und Erfahrungen. Auch da gibts gute und schlechte, schlauere und dümmere. Egoisten und Altruisten...

Es ist auch nicht die Partei die Richtige, die einem zu 100 Prozent nach dem Mund redet. Im Gegenteil: Das ist dann entweder ein populistischer Sauhaufen, der die eigene Oma für die Macht verkaufen würde. Oder ein Spinnerverein, der keine Ahnung von alltäglichen Sachzwängen im Leben hat. Oder sogar beides. Solche haben wir ja auch inzwischen. Leider.

Perfektion gibt es nur im Jenseits. Und dort auch nur vielleicht. Selbst wenn man daran glaubt. Im Diesseits jedenfalls gibt es nur das tägliche Herauspumpen von Wasser aus einem alten Seelenverkäufer, menschliche Gesellschaft genannt. Sisyphos als politisches Tagesgeschäftsmodell. Ein Stopfen von Löchern, ein Improvisieren und Organisieren, dass es immer irgendwie weiter gehen kann. Ein Provisorium ohne Verschlechterungen ist oft noch das Beste, was man erreichen kann. Manchmal, nur manchmal geht der dritte Schritt nach vorn und nur zwei nach hinten. Aber nur, wenn es eine sehr gute Woche war.

Eine Übereinstimmung von 55 - 65 Prozent zu den eigenen Positionen ist realistisch das Maximum, was man in demokratischen Systemen erreicht werden kann. Alles mehr ist eher ein Zeichen von Wunschdenken und einem Feststecken in unrealistischen Traumwelten. Prinzessin Lillyfee zu mögen mag mit 4-8 Jahren in Ordnung sein. Mit 30 oder 50 schaut der Ponyhof halt dann eher nach Agrarfabrik aus. Bei der es nur noch darum geht, kein Glyphosat einzusetzen und ein wenig nachhaltiger zu produzieren als bisher.

Aber das liest eh dann wieder keiner. Bestimmt keiner von denen, denen ich das gerne mal als A4-Blatt, schmal zusammengefaltet, um die Löffel hauen wollen würde!

Ein Amt oder ein Titel gibt noch nicht automatisch Verstand. Nicht mal dann, wenn es zusätzlich mit gegelten Haaren oder Armani-Anzug aufgepappt wird. Auch wenn das in Deutschland gerne aus Gründen der eigenen Denkfaulheit weiterhin erhofft wird. Denkt deshalb bitte an eure eigenen Stärken und Schwächen, liebe Leute! Und danach fällt bitte erst euer Urteil über jene, die euch vertreten sollen.

Ach ja! Ihr dürft auch gerne neue Leute in politische Ämter wählen. Aber denkt immer daran: Es kommt selten auf das Alter an und nur manchmal auf die Erfahrung. Wichtiger ist, ob der- oder diejenige für die Sache brennt und Dinge auch gegen Widerstände vertritt. Als erster (oder 5. oder 31. Diener seiner Wähler)

Das wünsche ich mir als Landtagskandidat, wie auch als Mensch.

Beste Grüße
Markus Grill