Freitag, 11. Mai 2018

Shitstormbekämpfung mit Inhalten

 
Der folgende Text entstand auf einen sogenannten Shitstorm in Social Media hin. Nur einen Tag nach der Großdemo gegen das Polizeiaufgabengesetz in München.

Die genannte Genossin kandidiert ebenfalls für den Landtag und steht als Polizeigewerkschafterin für ihre Position zum Polizeiaufgabengesetz bei konservativen KollegInnen in der Kritik. Ich finde es in so einem Fall richtig und wichtig, ebenfalls Position zu beziehen. Besonders, wenn die Kritisierte genau die Werte und Grundsätze vertritt, die man selber zu einem Thema besetzt:

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Ich habe Christiane Kern als kompetente Gewerkschafterin und engagierte Genossin kennengelernt. Wenn sie eine derartige Position bezieht, sollte sich deshalb manche/r der hier Kommentierenden fragen, ob vielleicht nicht er oder sie selbst auf dem Holzweg sind. Ein Grund von mehreren: Der Begriff der drohenden Gefahr ist rechtlich nur sehr schwer abzugrenzen:

Wo ist es nur ein böswilliges Gerücht und wann ist es konkret genug, um einen rechtsstaatlichen Eingriff zu rechtfertigen? Ich kenne persönlich viele Juristen und auch einige Polizeibeamte, die diese Entscheidung für extrem problematisch halten. Die vertritt Christiane Kern. Sie gibt diesen ihren Kollegen damit eine Stimme. Diejenigen, die sich selber nicht in der Lage sehen (wollen), hier eine Abgrenzung zu treffen. Die dann im Zweifel im Dienst sich auf Durchführungshandhabungen von Vorgesetzten verlassen (müssen). Lesen sie sich doch die entsprechenden Schachtelsätze dazu im Gesetz mal durch! Ich würde es mir nicht zutrauen, dieses Rechtsgeschwurbel zur Grundlage einer Entscheidung zu machen.

Viele Menschen, die gestern auf der Demonstration in München waren, haben keine Angst vor der Polizei. So wie dies auch sein soll. Im Gegenteil. Sie wissen sehr wohl, was sie an der derzeitigen bayerischen Polizei haben.

Ihnen fehlt aber das Vertrauen in eine CSU-Staatsregierung, die für ein starkes Sheriffbild nach außen, welches ihr Wählerstimmen bringt, bis an die Grenzen rechtsstaatlicher Gesetzgebung geht. Die dafür nicht nur Bürger verunsichert, sondern die dafür auch bereit ist, staatliche Beamte im Regen stehen zu lassen. Die dafür ebenfalls bereit ist, die Grenzen zwischen staatlichen Institutionen wie Verfassungsschutz und Polizei zunehmend verschwimmen zu lassen.

Es ist richtig, dass in der Neufassung des PAG auch positive Punkte zu nennen wären: Zu nennen wären z.B. die Regelungen zum Schutz der Berufsgeheimnisträger. Aber leider können wir uns bei der derzeitigen absoluten Mehrheit der CSU nicht die Rosinen heraus picken und das Gesetz passend stricken.

Doch, halt, das können wir ggf. schon. Und wissen sie wie? In dem viele Menschen friedlich auf die Straße gehen wie am Vatertag in München passiert. Auf öffentlichen Protest und Abstimmung mit den Füßen hat Herr Söder bereits bei anderen Gesetzen und Vorhaben reagiert: PsychKHG, Dritte Startbahn, Riedberger Horn, usw.

Es ist eben leider auch richtig, dass in diesem PAG-Entwurf Dinge transportiert werden, die bei antidemokratischen Entwicklungen wie sie in Ungarn und Polen bereits ihren Lauf genommen haben, negative Umsetzungen ermöglichen könnten. Mehrere EU-Länder haben gezeigt, dass man hier gar nicht genug Schutzfaktoren in bestehenden Gesetzen haben kann, die solche Entwicklungen im Zweifel erschweren können. Das hat nichts mit der Polizei in 5-2018 zu tun. Das ist trotzdem etwas, das bei der Gesetzgebung zu beachten ist.

Ich finde es sehr schade, dass einige Kommentatoren hier mit "Wir" und "sie" Gräben aufmachen. Gräben, die es so nicht gibt. Jeder von uns ist Staatsbürger. Jeder tut an einer anderen Stelle seine Pflicht. Ich z.B. möchte eine Polizei, die wieder mehr Zeit hat, bereits begangene Verbrechen zu ermitteln. Ich möchte eine Polizei haben, die bei konkreter Gefahr (und die ist ziemlich gut definiert) bestmöglich einsatzfähig ist. All dies gestehe ich der Christiane (die vom Fach ist) erst recht zu, dass sie das ebenfalls erreichen will.

Sorry, dass es so lange geworden ist. Aber manche Dinge sind halt nicht so einfach, dass sie mit einem Satz zu beantworten wären. Nichts für ungut!

Markus Grill, Kandidatenkollege von Christiane