Freitag, 9. August 2013

Ansichten und Einsichten in die schwäbische Seele

So in einem guten vietnamesischen Restaurant irgendwo in Bayerisch - Schwaben belauscht: Zwei ältere Damen unterhalten sich. Nennen wir sie der Einfachheit halber mal Frau Maier und Frau Müller.

Frau Maier: Also mir war das ja das letschte mal viel zu viel. Des konnt i ja gar net alles essen! Ich war ja scho mol hier. Guat kochens ja schon. Aber alles vertragen tu ich auch nicht mehr, wissens.

Frau Müller: Die Nummer 121 könnens schon nehmen! Des isch ja eher leicht.

Frau Maier: Aber des muas i dera dann scho nomal saga, dass die Portion net zu groß isch.

Frau Müller: Also ich bestelle ja immer die 109, die mit Garnelen.

Frau Maier: Des könnt ich net essen. Ich vertrag keinen Fisch. (Zur Bedienung) Sie, isch die 121 auch net zu üppig? Weil seit etwa 10 Jahren vertrag i koine so große Portionen mehr!

Die Lokalinhaberin (die als Bedienung angesprochen wurde): Wir bringen ihnen die Portion auch gerne etwas klener, wenn sie möchten.

Frau Maier: Des isch guat. Aber bitte koin Seniorateller. Dann fühl i mi so alt. Und no was! Kann i au die Erdnusssoße von der 120 zur 121 haben?

Inhaberin: Selbstverständlich

Frau Müller: Ich hätte gern die 109. Aber bitte extra scharf. Das letschte mal war die 109 gar net so scharf.

Inhaberin: Wir bieten die Gerichte standardmässig so an, dass alle sie essen können. Aber auf Wunsch machen wir sie auch schärfer.

Frau Müller: Also bei mir diesmal sehr scharf bitte. Und die Garnelen bitte sehr knuschbrig!

Frau Maier: Und bei mir bitte nicht zu viel und denkens an die Erdnusssauce.

Inhaberin (lächelt freundlich): Gerne.

Zwischenzeitlich wurde ich dann etwas von dieser Scene durch ein sehr ungleiches Paar abgelenkt, das sich am anderen Nebentisch über die Vorzüge und Nachteile des Vorschlages der Grünen ausließ, einen fleischlosen Tag pro Woche in Kantinen einzuführen. 

Er: Also des isch doch eine Unverschämtheit, was dia sie raus nemmen. I lass mir doch von dene net vorschreiba, was i zum essa hab!
Sie: Aber das ist doch nur ein Vorschlag. Kein Muss. Ein Vorschlag, den ich übrigens sehr gut finde. Ab und zu kein Fleisch ist doch gesund!
Er: Dia spinnen doch! Greane halt!

Nachdem das Pärchen in dieser Frage keine Einigung herstellen konnte, widmete es sich schließlich ausführlich den Problemen, wie sie auf die Hochzeit ihrer besten Freunde eine Woche später gelangen könnten. 
Man einigte sich schließlich auf getrennte Autos. Getrennte Lebenswelten schienen bereits vorher vorhanden zu sein.


Den beiden älteren Damen wurde mittlerweile das bestellte Essen geliefert.

Frau Maier: Wie schmeckt den ihres? Meins isch fascht wieder zuviel.
Frau Müller: Das mögen sie nicht, das ist ihnen bestimmt zu scharf.
Frau Maier (fast ein wenig beleidigt): I wollt doch gar net probieren. I vertrag doch gar koin Fisch.
Frau Müller: Das sind Garnelen.

Es folgt gefrässiges Schweigen aus der Ecke der beiden Damen.


An einem dritten Nebentisch erklärte zwischenzeitlich der gefühlte Familienvorstand (männlich) seinem pubertierenden Sohn, was der Unterschied zwischen wichtig und pseudowichtig sei. Pseudowichtig sei das, was eben nicht wichtig wäre. Deshalb sage er ja pseudowichtig dazu. Er verstehe nicht, wie man das nicht verstehen könne. Das erkenne man ja schon am Wort, das er gerade benutze. Sonst würde er ja das WOrt wichtig benutzen. Aber er bentze eben pseudowichtig.
Seine Ehehälfte und die ebenfalls am Tisch sitzende Tochter gaben sich derweil peinlichem Schweigen hin mit einem Schuss "wir sind nur zufällig an diesem Tisch".

Schließlich hatten aber alle diese Prachtexemplare schwäbischer Provenienz ihre bestellten Gerichte auf dem Tisch stehen (auch wir) und es entstand gefräßiges Schweigen. 

Fazit:
Der Schwabe philosophiert gerne - aber nur, wenn er Hunger hat.

Und falls sie mich fragen, über was ich mit meiner Frau an dem Abend philosophiert habe? - 

Markus G.:
"Des geht doch sie fei nix an! Bedienung! Noch was von der guaden Soß bitte! Die isch echt leckrrr!"