Mittwoch, 7. August 2019

Greenwashing Steuererhöhungen - oder: Kotau vor dem Kapitalismus verkauft als Klimaschutz

Die Besteuerung des alltäglichen Belohnungssystems der Menschen aus purer politischer Denkfaulheit

Ein Gespenst geht durch unser Land. Höhere Steuern für den Klimaschutz. Auf alles, was schmeckt, bequem ist oder bisher für den kleinen Luxus gestanden hat.
 

Bei manchen Steuern kann man trefflich streiten, ob sie auch eine steuernde Wirkung haben. Aber zumindest die höhere Besteuerung von Lebensmitteln halte ich für den falschen Weg. Warum? Das glaube ich nicht deshalb, weil ich Fleischesser bin. Ich kann mir das ja auch finanziell immer noch leisten, wenn es teurer wird. Und ich leiste es mir schon jetzt teurer mit der Qualität regionaler Anbieter. Billig gibts bei mir nicht mehr. Nein. Der Ansatz ist trotzdem der falsche! Ändert bitte die Herstellungsbedingungen von Lebensmitteln und bestraft endlich die kapitalistischen Ausbeuter von Mensch, Tier und Natur strenger! Das ist kein Whataboutism. Sondern ein "Macht bitte statt Schaufensterpolitik endlich mal was Sinnvolles!" - Statement.

Ja, das bedeutet mehr Arbeit und Hirnschmalz. Blöd gelaufen.
 Das bedeutet auch, sich mal mit der Struktur von Märkten und Volkswirtschaften auseinandersetzen zu müssen. Das ist in meiner eigenen Partei in den letzten 20 Jahren leider zu kurz gekommen. Theorie? Oder gar linke Theorie gepaart mit Volkswirtschaftlicher Bildung? Igitt. Ist das noch nötig oder kann das weg? 

Damit intelligent als Partei oder als Staat zu arbeiten, bedeutet, staatliche Hebel in Form von Gesetzen und Förderungen zu entwickeln, bei denen endlich viele kleine und mittlere lokale Anbieter bessere staatliche Bedingungen für Produktion und Vertrieb bekommen, wie internationale Großunternehmen. Großunternehmen deren Erfolgsmodell aus schnell Masse machen, Ausbeutung von Mitarbeitern und Umwelt, langen Lieferwegen durch die halbe Welt und hohem Kostendruck bei Lieferanten besteht.

Aber nur einfach bei allem, was minimal über Grundnahrungsmittel hinaus geht, die Preise zu erhöhen schont nur die Reichen und lädt es wieder auf den Ärmeren ab. Ja, es muss weniger geflogen werden. Problem ist aber nicht der kleine Arbeitnehmer, der sich mal einen einzelnen Billigflug nach Malle oder Griechenland leistet. Problem sind die Menschen, die es als selbstverständlich ansehen, alles was sie tun können, bis zum Exzess auszureizen. Problem ist nicht der normale Handynutzer. Problem ist der konsumgeile halbjährlich auf das neueste Modell umsteigende Ignorant.

Hier hat sich übrigens die SPD nun auch verdammt nochmals zu unterscheiden von dem Teil der Grünen, die glauben, über Steuererhöhungen und Verbote alleine erwachsene Menschen erziehen zu können! Eigentlich. Wenn noch ausreichend linke volkswirtschaftliche Kompetenz bei uns da sein sollte, die man nicht beizeiten weggebissen hatte. Wir müssen nämlich stattdessen auf die Sozialkomponente setzen, ohne das notwendige Umsteuern auf Klimafreundlichkeit zu lassen. Erst mal weg von der fatalen Einstellung, man könne jeden Umweltfrevel durch Ökozertifikate oder Ablasshandel in anderen Bereichen wieder gut machen! Diese elendige Einstellung von Teilen eines vermeintlich ökologisch denkenden saturierten Bildungsbürgertums will nämlich eigentlich nichts ändern. Dann müsste man nämlich mal ran an die Wurzel der eigenen Prokrastination und Verdrängung...^^

Wir sollten uns sehr bewusst sein, dass der Kapitalismus des dauernden Mengenwachstums die Mutter aller Probleme auch bei der Klimakatastrophe ist. Nur Steuern auf Sprit, Kerosin, Fleisch, Heizen etc. erhöhen aber nichts am kaputten System ändern, bekämpft vielleicht ein wenig die Symptome, aber lässt die Ursachen wie sie sind. Es führt uns zurück in die Klassengesellschaft. Die ist halt dann grün angestrichen. Mit biologisch abbaubarer Farbe natürlich. 

Bei den Inlandsflügen wurde das Problem etwas besser verstanden. Wenn ich sie über Steuern teurer machen mag, sollte ich dringend parallel die Bahn deutlich attraktiver machen. Eine erste - einfache - Form eines staatlichen wirtschaftspolitischen Hebels. Auf die Umsetzung bin ich trotzdem mal gespannt.

Nur über Steuern die Preise erhöhen wollen schafft jedenfalls eher politischen Hass auf notwendige Änderungen aber nur wenig nachhaltige Akzeptanzen. Und es schafft das Gefühl, dass die anderen ruhig mal machen sollen und man selbst für nichts verantwortlich ist. Ach ja. Es bewirkt mittelfristig nicht unbedingt gleich höhere Preise. Nur erstmal noch mehr Kostendruck auf kleine Zulieferer für große Ketten. Die ihre Preise so lang wie möglich zu halten versuchen. Aber sowas passiert, wenn sich große Teile des Linken Spektrums auf allen Ebenen (bei SPD, Grünen und Teile der Linkspartei, Gewerkschaften und umgebende Zivilgesellschaft, JournalistInnen usw.) seit gefühlt 20 Jahren nicht mehr mit linker Wirtschaftstheorie auseinandersetzen, sondern nur neoliberaler Sch...e hinterherlaufen. 

Wirtschaftspolitische Blindheit, die nichts für die Umwelt bringen wird. Für die Tiere schon gleich gar nicht. Nichts an den Wahlurnen bei meiner eigenen Partei und erst recht nichts für die normal arbeitenden Menschen.
Mahlzeit!

Donnerstag, 18. April 2019

Wertschätzung - Web 2.0 oder: Soziales Gift ist eine Frage der Dosis


Nur, weil das mit dem Brand von Notre Dame grad noch aktuell ist: Lasst es doch endlich bleiben, den Grad der Trauer von Menschen zu bewerten! Und damit geht die Spendenbereitschaft doch einher. Ich sag es jetzt mal so hart, wie ich es empfinde: Wer anfängt einzigartigstes Weltkulturerbe gegen Menschenleben aufzurechnen, trägt unbewusst bei zu genau der Barbarei, die beides gering schätzt. Die sich auf diesem Planeten seit Jahrtausenden nicht eindämmen lässt. 

Durfte ich damals trauern, als das Kölner Stadtrachiv aus menschlicher Dummheit in Atome aufgelöst wurde? Darf ich künftig wenigstens noch trauern, wenn ein Haustier stirbt, das mich 13 Jahre begleitet hat? Oder darf ich zumindest um einen einzelnen lieben Menschen trauern, den ich verliere? Oder muss ich mir dann bei all diesen Ereignissen bald auch sagen lassen, "Aber woanders sterben doch viele Menschen." ? " Dort verhungert aber jemand." "Da ist Krieg." "Das ist wichtiger." "Nein, doch das. Da sterben noch mehr" "Du darfst für c nur spenden oder Geld ausgeben, wenn Du das auch für a und b bereits gemacht hast."

Auch bei der Vernichtung der Buddhaststatuen in Afghanistan war mir zum Heulen zu Mute. Das geb ich offen zu. Es war so grenzenlos sinnlos. Genauso beim Brand der Anna Amalia Bibliothek. Ich liebe alte gute Bücher. Das lasse ich mir nicht kleinreden. Wer versucht, mir das zu entwerten, erreicht definitiv das Gegenteil, was er/sie vielleicht möchte. Bei mir und bei vielen anderen. Ich muss bereits jetzt aufpassen, dass mich der Hass vieler nicht ansteckt. Menschen, die Trauern oder verstört sind, wollen ganz sicher nicht hören, dass ihre Empfindungen weniger wert sind, als die Sorge und Bestürzung über andere wichtige Ereignisse oder Probleme. 


Vor dem Web 2.0 hat eine größere Zahl Menschen diese Erkenntnis beherzigt. Oder war es doch nur Schüchternheit und keine Empathie? Menschen Face to Face mit der eigenen Meinung zu konfrontieren braucht mehr, als sie kostenlos anzuschreiben. Kultur und Menschlichkeit gehören für mich immer zusammen und lassen sich nicht abstrakt gegenseitig aufrechnen oder in eine Reihenfolge bringen.

Social Media pervertiert hier auch in manchen Fällen lediglich den Voyeurismus und die gegenseitige Empathie. Jeder Volltrottel darf dort in öffentlichen Seiten seine Verachtung über Gebäude, Institutionen, Demokratie, oder einzelne Religionsgemeinschaften raus blasen. Denn auch das gehört dazu zum freien Web. Jemand verachtet ein Land oder eine Religion und freut sich oder ergötzt sich daran, wenn das, was diesen Menschen heilig und wichtig ist zu Staub zerfällt. Verachtung und Unmenschlichkeit richtig ausformuliert kann von keinem aktuell technisch möglichen Uploadfilter verhindert werden.


Bisher hatte ich noch einen Rest Hoffnung, dass die Möglichkeite von Web 2.0 ff. die Menschen voran bringen. Wenn es mit meiner internen Nutzen- und Schadenanalyse so weiter geht, bin ich mir da aber bald nicht mehr sicher.
Es wird mehr Streit gesäht, als es Positives bringt. Die tägliche Bilderzahl an Katastrophen, die man sich ins Haus holen kann, überfordert eine Spezies, deren Kleinhirn noch beim Jagen von Großtieren oder bestenfalls dem Seßhaftwerden vor 8.000 Jahren stehen geblieben ist, komplett.


Gleichzeitig hat keine seriöse Institution mehr eine Stunde Zeit, Dinge gerade zu rücken. Schon sind die Verschwörer da. Bestellte und auch immer freiwillige. Geistige Brandstifter und Wahnsinnige. Also vorsätzliche und fahrlässige Dummbratzen. Die jede Schadensanalyse eines Problems, eines Unglücks oder Krieges für ihre Scheuklappenweltsicht kapern. Und die, die 10 Minuten nach Erkennen einer Katastrophe schreiben, warum es noch keine Erkenntnis über die Ursache gibt. Sie erkennen ihre eigene zweidimensionale Beschränktheit nicht mehr.


Die Welt der Besserwisser und Kluscheißer haben wir uns ins Haus geholt, ohne es vor 15 Jahren zu ahnen. Die Welt derer, die trotz weltweit akut absterbender Empathiefähigkeiten gerade jetzt damit anfangen, auf ihr Bauchgefühl zu hören. Ein Bauchgefühl von Zombis, bei denen das Fressen vor jeglicher Moral oder Kultur kommt.

Das Ganze wird garniert mit Fakenews jeder Art, die immer echter gefälscht, immer perfider an die Zielgruppen gebracht werden. In den 80ern war weniger Gefahr um die Auslösung des Atomknopfes, als dieser Wirrsinn (das W ist beabsichtigt) es zunehmend generiert.

Die Menschheit tanzt gerade auf einem Vulkan. Und eine Lösung für das Problem gibt es nicht. Die Blender, die sie versprechen, würden uns in eine Gefängniswelt a la Orwells 1984 versetzen.

Auch ich habe keine Lösung. 


Ich werde irgendwann für mich individuell entscheiden müssen, ob ich aus Facebook raus gehe. Da ich politisch aktiv bin, beisse ich derzeit noch in den sauren Apfel, da es viele Newsletter und Onlinezeitungangebote wie ein Brennglas fokussiert, die ich einzeln nicht alle nutzen könnte. Ich mache dort auch meinen ehrenamtlichen PR-Job über Seiten, die ich betreue. Aber zunehmend frag ich mich, ob das gesund für meine Synapsen ist. Ich kenne die Welt ohne halt auch noch.

In Twitter war ich nie. Und werde es auch nie sein. Und Instagram ist für mich nur ein netter Bilderbogen mit sinnfreier Auto- und Reisewerbung. Posenden 20 jährigen, von denen einige den IQ von Bimsstein nur sehr knapp überschreiten dürften. Und von ein paar wirklich echt guten Fotos echt guter Fotograf/innen. Also in der Form, wie ich es nutzen kann, ist es noch harmlos.

Für mich selber bin ich bei der Mediennutzung inzwischen auf einem Weg, bei dem ich noch nicht weiß, wohin er mal gehen wird. Vielleicht deshalb, weil ich doch oft empfindlicher bin, als es meine polternede Seite nach außen manchmal scheinen lässt. 



Mit ratlosen Grüßen
Markus Grill

Montag, 4. Februar 2019

Rosinenpickerei erlaubt! - Volksbegehren Artenvielfalt



Vielleicht mal so ein paar Hinweise zum Volksbegehren an die Befürworter und die Gegner:
Die Unterschrift im Rathaus sorgt erst mal nicht für die sofortige inhaltliche Umsetzung des Volksbegehrens. Sie sorgt lediglich dafür, dass es für einen Volksentscheid zugelassen wird.

Also an die ganzen Pro - Volksbegehren - Euphoriker:
Es braucht ein wenig mehr, als nur etwas zu unterschreiben, um eine Wirkung für die Umwelt zu erzielen. Es braucht langfristiges eigenes Nachdenken, Umdenken und es müssen eigene Handlungen und Haltungen in Frage gestellt werden. Da ist jetzt also mit der blossen Unterschrift noch lang nichts mit ich bin so toll und schütze die Umwelt (eher nur mein eigenes schlechtes Gewissen).

Und an die ganzen Volksbegehrengegner:
Die Zulassung wäre noch lange nicht der Untergang des ländlichen Abendlandes. Vielleicht sogar im Gegenteil. Eine Zulassung durch Erreichen des Quorums bedeutet, dass die Staatsregierung und der Landtag ein halbes Jahr Zeit haben, darauf zu reagieren. Dies könnte ja dann auch mit einem inhaltlich guten, ja besseren Gegenentwurf, geschehen.

Für mich ist das der Auslöser, warum ich es selber unterschreiben werde.
Einige Einzelpunkte im Volksbegehren überzeugen mich definitiv nicht, das gebe ich zu. Sie gängeln meines Erachtens die bäuerliche Landwirtschaft in Bereichen, die gesetzlich schwer bis gar nicht regulierbar sind. Wann man in einem bestimmten Jahr frühestens mäht oder spätestens eine Wiese walzt z.B.

Deshalb habe ich mich zu dem Thema auch lange nicht geäußert. Ich musste für mich erst das "Für"und das "Wider" abklopfen. Mein verstorbener Großvater war Imker, Waldfacharbeiter und etliche Jahre Nebenerwerbslandwirt. Deshalb weiß ich aus vielen Gesprächen, wie schnell vermeintlich gut gemeinte Gesetze und Verordnungen sich ins Absurde verkehren können.
Worum es mir geht, ist, dass bei Artenvielfalt und Begrenzung von Monokulturen dringend etwas geschehen muss. Wenn das Volksbegehren das nötige Stimmenquorum erreicht, ist dies relativ sicher der Tritt in den Hintern der Staatsregierung, bei dem Thema endlich selber in die Pötte zu kommen.

Was wissenschaftlich unbestritten ist, dass in den letzten Jahren die Populationen nicht nur bei den Wildbienen, auch bei anderen heimischen Insektenarten dramatisch abgenommen haben. Selbst bei Kleinsäugern sind Entwicklungen zu beobachten, die besorgt machen sollten. Deshalb ist es dringend notwendig, hier deutliche Umweltakzente zu setzen. Wohlgemerkt es geht nicht um die Honigbiene! Oder zumindest nur sehr am Rande.

Es wäre für die Regierung in München nicht verboten, in einem eigenen Gesetzentwurf, der dann auch beim Volksentscheid als Gegenpart abgestimmt werden kann, die guten Punkte herauszugreifen.
Rosinenpickerei ausdrücklich erlaubt diesmal!  

Es wäre der Staatsregierung nicht verboten, die schlechten Punkte besser zu machen und selber insgesamt etwas Besseres, wissenschaftlich Fundiertes dagegen zu stellen. Etwas, das landwirtschaftliche Klein- und Mittelbetriebe mitnimmt und ihre Existenzgrundlage langfristig sichert und gleichzeitig der Agrargroßindistrie die ökologischen Grenzen aufzeigt.

Ich fürchte leider, das passiert nur, wenn das Begehren genügend Stimmen bekommt. Sonst geschieht wieder nichts, außer einem "es wird schon nicht so schlimm kommen, also sitzen wir es aus." Deshalb unterschreibe ich das Ding! Nicht weil wir als SPD da mit drauf kleben. Als Dritt- oder Viertunterstützer hast da eh rein substantiell selber nichts von. Und sicher nicht, weil ich den Gesamttextvorschlag so toll fände...

Markus Grill