Montag, 20. Februar 2012

Brief an einen ignoranten Kapitalisten

Oft wird er genutzt, werktags, dieser Weg. Der Weg zum Bahnhof.
Über Industriebrache führt er, dieser Weg.
Heruntergekommene Hallen und Baracken, ehemalige A-Industrielagen.
Als das noch öffentlich rechtlich war. Als Infrastruktur noch den Bürgern gehörte.
Heute überall Rost, Rückbau, Krater in Asphalt, Löcher im Kopfsteinpflaster
Brache, Schandfleck. Privatisierungsruinen.
Es ist der kürzeste Weg für viele Menschen aus meinem Stadtteil.

Mit einer Mieterin habe ich selber zufällig mal darüber gesprochen.
Sie sagte mir, dass sie 35 Euro zahlen muss im Monat.
Dafür, dass sie an ungeschützter Stelle ihr Auto abstellen darf,
Keiner haftet für Beschädigung, Diebstahl, Naturgewalt.
Natürlich nicht, warum auch?? Wer haftet noch für irgendwas bei uns?

Aber auch kein Licht am Abend oder Morgen?
Keinerlei Pflege des Platzes. Keinerlei Service? Sonstiger Vorteil?
Nichts für 35 Euro als das blosse Recht, irgendwo auf dem Platz stehen zu dürfen.
Und noch nicht einmal wissen, wo das dann ist.
Abhängig vom Tag, von der Pendelzeit ob schlecht oder ganz beschissen.

Ich lauf hier nur manchmal durch. Es ist nichts abgesperrt.
Es ist durchquerbar, es ist der nächste Weg zum Hauptbahnhof.
Für Fahrradfahrer, für Fußgänger.
Der Platz im Januar ein Morast.
Der Platz in der ersten Februarhälfte lebensgefährlich glatt.
Der Platz zu anderen Jahreszeiten: Staubig, uneben, grau und hässlich wie aus einem schlechten Krimi.
Die Dame, die mit der Stellplatzerlaubnis  hat mir gesagt, dass sie ihn nie erreicht.
Dass sie Gerüchteweise gehört habe, dass er krank sei.

Ich weiß nicht, ob sie krank sind.
Ich weiß nur, dass sie verantwortungslos sind.
Sie kassieren Geld fürs nichts tun.
Sie vermieten Parkplätze unter, auf einer Fläche, von der Bahn gemietet.
Sie haben null organisiert, dass sich mal jemand drum kümmert.
Ich wünsche ihnen, dass sie in ihren Mieteinnahmen ersaufen.
Dass sie am Käsegestank nasser Socken ersticken.
Bei Typen wie ihnen krieg ich so nen Hals!
Geld für nichts. Für Destruktion.

Den Weg bereitet von Bahnmanagerin, denen das genauso wurscht ist.
Hauptsache die Rendite stimmt.
Stimmt sie nicht mehr, bindet man Investoren ein.
Mit Bauunternehmen baut man schnell ein paar Glaspaläste hin, vor der Vorstand zickt.
Dann wird der Weg vielleicht  endlich gesperrt. Es entsteht emsige Betriebsamkeit für 2-3 Jahre.
Ich denke, dass das bald passieren wird.
Aus grauer seelenloser Ruine wird aber dann graue noch seelenlosere Beton-Glas-Wüste.
Nicht nur sie sind krank, sie unbekannter Kapitalist.
Da sind noch viel mehr krank...

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